Gymnasium am Augarten in Wien, April 2024
Friendship with Nature, Schulprojekt im Rahmen der Kunstwoche der Schulklasse
Teilnehmer:innen
Schüler:innen des Gymnasiums am Augarten
Christian MICHAEL (FwN)
Maximilian Moser (FwN)
Paul Lukas Wagner (Gymnasium am Augarten)
Stefan Wirnsberger (Universität für Angewandte Kunst)
Schüler:innen in der Pubertät sind ja in der Regel nicht gerade scharf auf meditative Musik und botanische Erklärungen. Welch angenehme Überraschung daher bei unserem Projekt in Wien, mit der Klasse des Gymnasiums am Augarten in Wien! Eine Schar zu begeisternder Jugendlicher, wie man sie sich als Lehrer wirklich wünscht.
Paul Lukas Wagner, der Sohn eines guten Freundes, engagierter Lehrer in dieser Schule, hatte mich vor einiger Zeit kontaktiert und angefragt, ob wir im Rahmen der Kunstwoche der Schule spontan ein Projekt mit der Musik der Pflanzen machen könnten und vielleicht sogar grafische Bilder durch diese Musik geschaffen würden. Dank der Unterstützung der Software AG Stiftung konnten wir das Projekt dann tatsächlich kurzfristig durchführen. Stefan Wirnsberger von der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien dokumentierte das Projekt mit Filmsequenzen und Fotos, die dann, grafisch verfremdet, Gegenstand einer Ausstellung im Cafe Wallenstein wurden und bei der Klima-Biennale am Karlsplatz in Wien gezeigt werden sollen (Musik von Bäumen). Ein wichtiges Ziel unserer Projekte ist es ja, Freundschaft zwischen Jugendlichen und Pflanzen über die Musik herzustellen und damit auch das Verständnis für die Bedeutung der Biodiversität zu schaffen.
Foto: Christian MICHAEL
Da es das erste öffentliche Projekt unseres Teams war, hatten wir am Vorabend schon ein wenig geübt und die Geräte im Künstlercafe „Das Wallenstein“ aufgebaut. Geplant, sollte das Projekt vorwiegend im Augartenpark im Freien stattfinden, angesagt war aber strömender Regen… und er strömte auch! Glücklicherweise gab es eine Regenpause am Vormittag, und der hochgewachsene Ahorn am Strassenrand hatte ein paar frische Blättchen in seinem unteren Stammbereich, sodass wir auch einen Baum zu Wort (bzw zur Musik) kommen lassen konnten, doch davon später…
Nach einer kurzen Einstimmung, bei der ich über die Hintergründe der Musik der Pflanzen sprach und unser Messprinzip erklärte, wurde eine etwas verstaubte Zimmerpflanze hervorgeholt und in die Obhut der Schüler:innen gegeben. Schon bei der Einführung war das Interesse und die Spannung der Jugendlichen spürbar: „werden Pflanzen richtige Musik machen?“
Foto: Stefan Wirnsberger
Treemuse
Das Treemuse ist unser neues Gerät zur Umsetzung der Pflanzenmusik. Es kann erstmalig die
Noten, die die Pflanze spielt, anzeigen und auf einer Klaviatur die Tasten, die ein Klavier spielen würde, wenn es über MIDI (ein Datenstandard, der von Musikern verwendet wird) angesteuert wird.
Die Pflanze wurde von den Schüler:innen sauber geputzt und dann die Elektroden, eine in der Erde des Blumentopfs, eine an einem Blatt, angelegt. Nach wenigen Sekunden ertönten die ersten Klavierklänge, die Schüler:innen waren begeistert und sagten später, dass sie nie gedacht hätten, so eine komplexe Musik von den Pflanzen gespielt zu bekommen,
Kymatische Figuren
Erstmalig öffentlich zeigten wir die Visualisierung der Pflanzenmusik mit Hilfe kymatischer (kyma = griechisch: die Welle) Figuren. In einem der kymatischen Schälchen füllten wir Lykopodium-Sporen, die sich nun in fraktalen Strukturen mit der Musik ordneten. In das andere Schälchen wurde Wasser gefüllt.
Ein Kreis der Schüler:innen wurde gebildet, in dem sie sich an den Händen hielten und auch die Pflanze und das TreeMuse in den Kreis miteinbezogen und auch hier liess uns das Gerät nicht im Stich und spielte Musik aus den biologischen Rhythmen der gesamten Gruppe.
Können Bäume musizieren?
Da wir auch und vor allem Bäume zum Musizieren bringen wollten, nutzen wir eine Regenpause, um einen Ahorn-Alleebaum vor dem Kunstcafe zum Klingen zu bringen. Die Schüler:innen folgten mit Interesse und stellten verschiedene Experimente mit der Baummusik an: Eine besonders feste Umarmung mit dem Baum wurde fotografisch und musikalisch dokumentiert:
Reagieren Pflanzen auf Musik?
Ich berichtete von einer Musikerin (Dagmar Trichtinger-Scharf), die über Wochen ein Gitarrenkonzert von Vivaldi eingeübt hatte, immer wieder das gleiche Stück. Eines Tages schloss sie ihre Zimmerpflanze, die das immer wieder gehört hatte, an ein
Pflanzenmusikgerät an und sie erzählte: „Die Pflanze spielte ein Thema, das ganz nach Vivaldi klang!“. Wir stellen dieses Klangbeispiel auch auf unsere Webseite, damit man sich selbst überzeugen kann, ob die Musik der Pflanze nach Vivaldi klingt.
Die Schüler:innen erwiesen sich daraufhin gleich als sehr experimentierfreudig: Sie spielten der Pflanze zunächst Mozart und dann Hipp-Hopp Musik vom Handy vor und lauschten aufmerksam einer mögliche Antwort. Dann wurden alle möglichen Musikinstrumente am TreeMuse eingestellt, um möglichst krasse Klangfiguren am Lautsprecher zu erzielen.
In einem parallellaufenden Projekt der Musikklassen des Gymnasiums am Augarten ist geplant, die von uns aufgezeichnete Musik der Bäume mit weiteren, menschlichen Stimmen und Instrumenten zu versehen und einen Song daraus zu machen, der dann auch im Netz verfügbar sein wird. Eine wunderbare interdisziplinäre und klassenübergreifende Arbeit zur Inter-Spezies-Kommunikation.
Auch dieser Zürgelbaum am Wallensteinplatz in Wien sorgte zur Freude von Schüler:innen und Passant:innen für ansprechende Baummusik und kymatische Klangfiguren.
Dann wurden präzise Fotos mit Stativ von den kymatischen Figuren der Pflanzenmusik aufgenommen, die danach im Rahmen des Grafikunterrichts zu Kunstwerken umgewandelt und Teil einer Ausstellung („Sound Bilder als Inspiration für innovative Stadtgestaltung“) wurden. Sie sollen auch auf der Klima-Biennale ausgestellt werden.
Original Kymatik Bild (links) und grafische Verfremdung (rechts)
Ausstellung der Bilder im Kunstcafe Wallenstein
Am Nachmittag waren die Schüler:Innen schon sehr müde, und einige schliefen auf der Couch des Wallensteins ein, während andere der Pflanzenmusikerin verschiedene Musikarten vom Handy vorspielten und ihre Reaktion beobachteten.
Da sie auf mich einen etwas traurigen Eindruck machten, gesellte ich mich zu den müden Mädchen und sagte Ihnen, dass sie, wenn es einmal schlecht gehen sollte, immer daran denken sollten: „Über den Wolken scheint immer die Sonne!“. Die Mädchen zeigten zunächst keine Reaktion, wahrscheinlich zu müde…
Am Ende der Veranstaltung kam eines der Mädchen zu mir und fragte mich: „Haben Sie uns vor zwei Stunden wirklich das gesagt, oder habe ich das nur geträumt?“ ich antwortete: „Ja, dieser Gedanke hat mir manchmal im Leben sehr geholfen, wenn es mir schlecht ging“. Das Mädchen antwortete: „Ich habe nämlich danach tatsächlich von der Sonne geträumt!“ Welch schönes Geschenk, dachte ich mir, für mich das schönste des auch sonst so reichen Tages!
Wir danken unseren Sponsoren:
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